Expertise im IT-Recht und bei der Digitalisierung Wer blind zahlt, haftet mit

Sind Sie schon „KI-kompetent“?

Schon seit dem 2. Februar 2025 ist Artikel 4 der KI-Verordnung (VO (EU) 2024/1689) in Kraft und damit unmittelbar anwendbar. Er verpflichtet Unternehmen, allen Beschäftigten und von ihnen beauftragten Personen, die mit Systemen der künstlichen Intelligenz arbeiten, die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln, um die KI sicher, rechtstreu und verantwortungsbewusst einzusetzen. Dank z.B. der Integration von Google Gemini in die Google Suche, Copilot in Microsoft 365 oder Apple Intelligence dürfte dies wohl praktisch jedes Unternehmen treffen. Jedenfalls sollte man sich hiermit frühzeitig beschäftigen.

Die EU-Kommission hat nun einen FAQ-Katalog zu Artikel 4 der KI-VO veröffentlicht, der konkretisiert, welche Erwartungen an die Umsetzung dieser Pflicht geknüpft werden. Obwohl das Dokument keine Rechtsverbindlichkeit besitzt, dient es doch als wesentliche Orientierung für die Praxis.

Die Kommission macht deutlich, dass Arbeitgeber tätig werden müssen: Sie haben wirksame Schritte zu ergreifen, um ein tragfähiges Qualifikationsniveau aufzubauen, und müssen gegenüber Behörden nachweisen können, dass sie diese Schritte umgesetzt haben. Die Pflicht erstreckt sich auf sämtliche KI-Anwendungen, gleichgültig, ob sie als besonders risikoreich gelten oder nicht. Die Schulungsinhalte sollen sich an Funktion, Vorkenntnissen und Verantwortung der jeweiligen Person orientieren; pauschale Standardseminare dürften somit nicht genügen. Neben technischen Grundlagen müssen rechtliche Vorgaben – etwa zu Transparenz und Datenschutz – sowie ethische Fragen vermittelt werden. Positiv ist: Es gibt keine konkreten Vorgaben oder gar Zertifizierungspflichten o.ä. zur Umsetzung der Pflicht aus Artikel 4 KI-VO. Das sog. „Das Amt für künstliche Intelligenz“ der EU wird keine strengen Anforderungen an die Umsetzung insbesondere des „ausreichenden Maßes an KI-Kompetenz“ stellen. Im Gegenteil hält sie angesichts des breiten Themas der KI-Kompetenz und der sich schnell entwickelnden Technologie ein gewisses Maß an Flexibilität für erforderlich. Die Kommission rät allerdings, die Maßnahmen zum Kompetenzaufbau zu dokumentieren, um im Überprüfungsfall beweiskräftige Unterlagen vorlegen zu können.

Dieser kann allerdings frühestens ab dem 3. August 2026 blühen. Ab diesem Zeitpunkt setzt die behördliche Kontrolle ein. Dann können nationale Stellen Bußgelder oder andere Auflagen verhängen. In Deutschland wird diese Stelle voraussichtlich die Bundesnetzagentur sein.

Dementsprechend bleiben allerdings wesentliche Punkte offen: Es ist nirgends definiert, wann das erworbene Wissen als hinreichend gilt, die Beurteilung hängt vom Einsatzkontext und der Komplexität des Systems ab. Branchenspezifische Leitlinien stehen noch aus. Zudem weist die Kommission darauf hin, dass mangelhafte Qualifizierung zivilrechtliche Ersatzansprüche auslösen kann, falls dadurch Fehler passieren und Schäden entstehen.

Unternehmen sollten die Übergangszeit nutzen, um ihren konkreten Schulungsbedarf zu analysieren und ein pragmatisches und passendes Fortbildungskonzept zu entwerfen. Neben einer Dokumentation der Maßnahmen ist auch an eine eventuelle Aktualisierung und Auffrischung zu denken, insbesondere angesichts des rasanten technologischen Fortschritts im Bereich der KI.

Ansprechpartner

Dr. Tobias Wagner

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Fachanwalt für IT-Recht