Durchsetzung des Zeugnisanspruchs mit Zwangsmitteln

Verwendet ein Arbeitgeber üblicherweise einen Firmenbriefbogen, muss ein Arbeitszeugnis auf diesem ausgestellt sein, jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber einen solchen üblicherweise benutzt. Außerdem darf das Zeugnis nicht den Eindruck erwecken, der Arbeitgeber habe lediglich einen Zeugnisentwurf des Arbeitnehmers übernommen. Das hat das LAG Berlin-Brandenburg jetzt noch einmal bestätigt. (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.11.2023 - 6 Ta 1198/23).

 

Der Fall:

Im Streit um die Wirksamkeit einer Kündigung schlossen eine Arztpraxis und die von ihr gekündigte Fachärztin am 23.03.2023 einen gerichtlichen Vergleich. Neben der Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2022 verpflichtete sich die Arztpraxis dazu, der Arbeitnehmerin unter dem 30.09.2022 ein Zeugnis zu erteilen. Der Arbeitnehmerin wurde gestattet, einen Zeugnisentwurf zu erstellen, von dem die Arbeitgeberin nur aus wichtigem Grund abweichen durfte. Auf Basis eines solchen Entwurfs der Rechtsanwältin der Arbeitnehmerin, Frau A., erstellte die Arbeitgeberin schließlich unter dem Datum des 15.05.2023 ein Arbeitszeugnis. Darin heißt es unter anderem: „i.A. des Arbeitsgerichts Berlin 15.05.2023“. In der letzten Zeile enthält das Zeugnis außerdem folgenden Zusatz: „(Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin A).“ Das Zeugnis wurde nicht auf dem Briefkopf der Arbeitgeberin erstellt. Ein weiteres Zeugnis vom 17.07.2023 war identisch, jedoch mit einem Firmenstempel versehen.

Das Arbeitsgericht Berlin setzte gegen die Arbeitgeberin ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft fest. Hiergegen erhob die Arbeitgeberin Beschwerde und begründete diese damit, ihr Geschäftsführer habe das Zeugnis rechtlich gar nicht unterschreiben dürfen, da nicht er das Zeugnis geschrieben habe, sondern die Urheberschaft bei der Rechtsanwältin der Gegenseite lag. Gegen diese  habe er wegen der Anstiftung zur Urkundenfälschung bereits Strafanzeige erstattet. Außerdem dürfe er das Zeugnis nicht rückdatieren, da er sich anderenfalls der Urkundenfälschung strafbar mache. Aus der Haft heraus werde er den Vorgang der Presse kommunizieren und die Richterin am Arbeitsgericht für den Praxisausfall haftbar machen.  

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.  Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen des § 109 GewO entspricht. Hierzu gehört, dass ein Arbeitszeugnis mit einem ordnungsgemäßen Briefkopf ausgestattet sein muss, aus dem der Name und die Anschrift des Ausstellers erkennbar sind, wenn der Arbeitgeber – wie hier – einen solchen im Geschäftsverkehr verwendet.  Ein Zeugnis, das nur mit einem  Firmenstempel versehen ist, genügt diesen Anforderungen nicht. Nicht ausreichend sei es zudem, so die Berliner Richter, wenn ein als Zeugnis bezeichnetes Schriftstück bei einem Dritten den Eindruck erwecken kann, der Arbeitgeber habe lediglich einen Zeugnisentwurf der Arbeitnehmerin unterzeichnet, ohne sich wirklich mit dem Inhalt der Erklärung zu identifizieren. Gerade weil die Parteien im Vergleich geregelt haben, dass von dem Zeugnisentwurf der Arbeitnehmerin aus wichtigem Grund abgewichen werden dürfe, ist die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, den Vorschlag der Arbeitnehmerin ungeprüft und ohne jede Änderung zu übernehmen. Schließlich wies das Gericht noch darauf hin, dass das festgesetzte Zwangsgeld in der konkreten Konstellation eher moderat erscheine und für den Fall, dass die Arztpraxis ihrer Verpflichtung weiterhin nicht nachkäme, der nächste anzusetzende Betrag angemessen zu erhöhen sein wird.

 

Fazit:

Bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses müssen die in § 109 GewO normierten Vorgaben beachtet werden. Neben dem Gebot der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit muss das Arbeitszeugnis auch in formeller Hinsicht den Anforderungen der Rechtsprechung genügen.

Oft findet sich in arbeitsgerichtlichen Vergleichen eine Formulierung, wonach sich der Arbeitgeber verpflichtet, ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erstellen, welches der Schulnote „gut“ oder „sehr gut“ entspricht. Eine solche Formulierung genügt allerdings nicht den zwangsvollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitserfordernissen, da sie dem Arbeitgeber einen derart weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung einzelner Gesichtspunkte, des Umfangs des Zeugnistextes sowie der Formulierung der Leistungs- und Führungsbeurteilung lässt, dass von einem konkreten Leistungsbefehl, der die Grundlage einer mit staatlichen Zwangsmitteln zu vollziehenden Vollstreckung bildet, nicht die Rede sein kann.  

Ansprechpartner

Claudia Wencker

Rechtsanwältin, LL.M. (University of Sydney)
Fachanwältin für Arbeitsrecht