Skontoklausel

Architekten aufgepasst! Rechtliche Beratung ist mangels der notwendigen Qualifikation unter Verstoß gegen das RDG unzulässig und bleibt nicht ohne rechtliche Konsequenzen.

 

BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 190/22

1. Ein Architekt darf keine Skontoklausel zur Verfügung stellen, weil dies gegen § 3 RDG verstößt. Verträge mit entsprechendem Inhalt sind gem. § 134 BGB nichtig.

2. Trotz Nichtigkeit des Vertrages können gegen den Architekten bei Erbringung von Rechtsdienstleistungen Schadensersatzansprüche aus CIC und § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 RDG bestehen, sodass ein erhebliches Haftungsrisiko besteht.

 

Der Fall:

Der Beklagte stellte als Architekt der Klägerin einen Bauvertragsentwurf mit einer Skontoklausel zur Verfügung, die er unter Mithilfe eines Rechtsanwalts erstellt hatte. In der Folge kam es zum Rechtsstreit mit einem Dritten, weil die Klägerin nach Verwendung dieser Skontoklausel den entsprechenden Skontoabzug einbehielt, woraufhin sie in einem Vergleich den zurückbehaltenen Betrag aufrechnen ließ. Das Berufungsgericht verneinte Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Architekten, weil der Beklagte bei Erstellung der Klausel keine Pflicht verletzte. Diese Entscheidung hielt der Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

 

Die Entscheidung:

Der Beklagte verstieß gegen § 3 RDG, weil er ohne Erlaubnis und Rechtfertigung eine Rechtsdienstleistung gem. § 2 Abs. 1 RDG erbrachte, indem er eine Skontoklausel zur Verwendung in Verträgen zur Verfügung stellte. Dies verstößt jedoch gegen § 5 Abs. 1 S. 1 RDG, weil die Klauselerstellung nicht als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild gehört. Ein Architekt muss zwar zur Erbringung seiner Leistungspflichten Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts haben, ist aber keinem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen. Er verfügt nicht über die notwendigen Rechtskenntnisse, sodass Beratung auf diesem Gebiet daher tunlichst der Anwaltschaft überlassen werden sollte.

 

Das RDG dient dem Schutz vor unqualifiziertem Rechtsrat. Laien müssen nicht erkennen, ob ein Architekt die juristische Qualifikation zur Erstellung von Skontoklauseln hat oder dies ausschließlich zum Aufgabenbereich der Anwaltschaft gehört. Die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen ändert nichts an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung. Demnach ist es einem Architekten nicht möglich, über sein Berufsfeld hinausgehende Rechtsdienstleistungen zu erbringen, ohne gegen das RDG zu verstoßen.

 

In der Folge ist der Architektenvertrag gem. § 134 BGB nichtig, weil gegen § 3 RDG verstoßen wird. Das Berufungsgericht hätte aber Ansprüche aus §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 RDG prüfen müssen, sodass das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und zurückverwiesen wurde. Auch wenn der BGH über das Bestehen dieser Ansprüche nicht entschieden hat, sollte Architekten durchaus bewusst sein, dass sie sich bei der Erbringung von Rechtsdienstleistungen dem Risiko von Schadensersatzansprüchen aussetzen, deren Umfang angesichts der Auftragsvolumen in der Baubranche beträchtliche Ausmaße annehmen kann.

 

Praxistipp:

Architekten sollten sich im Klaren sein, welche Leistungen sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erbringen dürfen. Zwar dürfen sie dem Bauherrn das planerische und rechtliche Umfeld des Vorhabens erläutern, nicht jedoch Tätigkeiten ausüben, die nicht mehr vom Berufsfeld des Architekten gedeckt sind, weil ihnen die erforderliche juristische Qualifikation fehlt. Um Schadensersatzansprüche infolge der Zuwiderhandlung gegen das RDG auszuschließen, sollten Architekten im eigenen Interesse besser nicht rechtlich beratend oder gar rechtsgestaltend tätig werden, sondern diese Aufgaben der dafür ausgebildeten Anwaltschaft überlassen.

 

Autor: Jan Ludwig, Rechtsreferendar THORWART

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