Mängel am Gemeinschafts-
eigentum aus Sicht des
Bauträgers – Vergemein-
schaftungsbeschlüsse
und Ausübungs-
befugnisse der WEG

Mängel am Gemeinschaftseigentum aus Sicht des Bauträgers – Vergemeinschaftungsbeschlüsse und Ausübungsbefugnisse der WEG

Der Umgang mit den verschiedenen Beteiligten bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum in Eigentumswohnanlagen ist für Bauträger oft eine Herausforderung. Im Folgenden soll ein Einblick in die Rechtslage gegeben werden, um Möglichkeiten für den richtigen Umgang mit Mängeln am Gemeinschaftseigentum zu erkennen.

 

Grundsätze bei der Zuständigkeit

Grundlage etwaiger Mängelansprüche ist der jeweilige Bauträgervertrag. Demnach stehen jedem Erwerber idR nach der Abnahme folgende individuelle Mängelrechte zu:

  • zunächst der Anspruch auf Nacherfüllung

und idR nach entsprechender Fristsetzung zur Mängelbeseitigung:

  • Selbstvornahme und Aufwendungsersatz
  • Rücktritt
  • Minderung
  • Schadensersatz, Ersatz vergeblicher Aufwendungen

Um den Konflikt zu vermeiden, dass einige Erwerber die Beseitigung von Mängeln am GemE wünschen, andere aber lieber finanzielle Ausgleichsansprüche für dieselben Mängel beanspruchen, werden die Ansprüche auf Minderung und sog. „kleinen Schadensersatz“ (= nicht auf Rückgängigmachung des Kaufs gerichteter Schadensersatz) der „geborenen Ausübungsbefugnis“ der Gemeinschaft zugeordnet; diese Rechte kann ein einzelner Erwerber wegen Mängeln am GemE nicht selbst verfolgen, sondern nur die Gemeinschaft.

Hingegen bleiben einzelne Eigentümer zur Durchsetzung der „primären“ Ansprüche der Nacherfüllung (Mängelbeseitigung) oder Rücktritt bzw. „großem Schadensersatz“ (der im Ergebnis eine Vertrags-Rückabwicklung darstellt) befugt, solange nicht die Gemeinschaft die Verfolgung nicht durch Vergemeinschaftungsbeschluss an sich zieht und damit federführend wird („gekorene Ausübungsbefugnis“).

Wie der BGH in seinen Entscheidungen vom 11.11.2022 (Az. V ZR 213/21) und vom 15.02.2023 (Az. VII ZR 13/22) klargestellt hat, hat auch die Gesetzesänderung von 2020 hieran nichts geändert.

 

Aus Sicht des Bauträgers ist es also empfehlenswert, auf folgendes zu achten:

  • Wer macht welche Rechte geltend?
  • Ist der Anspruchsteller berechtigt oder eher die Gemeinschaft (z.B. durch Beschluss)?
    • Ggf. Aufklärung durch Hausverwaltung

  • Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln beträgt gem. § 641 Abs. 3 BGB idR das Doppelte der Mangelbeseitigungskosten. Einzelne Erwerber können dieses Zurückbehaltungsrecht wegen eines Mangels am GemE aber nur anteilig gemäß Miteigentumsquote geltend machen.
  • Aus dem Kontext der Rechtsprechung kann geschlossen werden, dass die Voraussetzungen (inkl. Fristsetzung) für die Ansprüche auf Minderung und kleinen Schadensersatz nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schaffen kann, und nicht der einzelne Erwerber. Gibt es einen Vergemeinschaftungsbeschluss ist eventuell auch ein Erwerber mit eigenen Fristsetzungen ausgeschlossen. Daher sollte jeder Bauträger gesondert prüfen, wer etwaige Fristen gesetzt hat und ob hier eine Zuständigkeit bestand.
  • Vergleichsverhandlungen: Nach älterer Rechtsprechung (z.B. BGH VII ZR 113/09) sollen Vergleichsverhandlungen, die die Gemeinschaft führt, den einzelnen Eigentümer nicht hindern, eigene Fristen zu setzen und daraus dann die Konsequenzen zu ziehen (z.B. Rücktritt). Der BGH hat aber in einer späteren Entscheidung (BGH VII ZR 266/13) diese Befugnis eingeschränkt, wenn aus dem Vergemeinschaftungsbeschluss z.B. hervorgeht, dass die Gemeinschaft noch abwarten und noch ein Ergänzungsgutachten wünscht.
  • Vergleichsschluss: Soll mit einem Einzelerwerber eine Vereinbarung (z.B. über Minderung) geschlossen werden, muss man sich als Bauträger bewusst sein, dass dieser im Zweifel nicht im Verhältnis zu den übrigen Erwerbern bzw. der Gemeinschaft wirkt. Hier muss also ggf. eine Rücktrittsmöglichkeit vom Vergleich für den Fall, dass die Gemeinschaft andere Ziele verfolgt (z.B. Mängelbeseitigung) vereinbart werden.
  • Ausnahmen: Ausnahmsweise kann ein einzelner Erwerber auch Minderung und kleinen Schadensersatz geltend machen, wenn dadurch nicht den Interessen der Gemeinschaft widersprochen wird, der Mangel nicht behebbar ist und sich nur auf ein bestimmtes Sondereigentum auswirkt.

 

Da höchstrichterliche Rechtsprechung in diesem Bereich oft nicht vorhanden ist, sollte eine praxisorientierte, pragmatische Lösungsfindung für den jeweiligen Einzelfall angestrebt werden. Solche Lösungen lassen sich finden, wenn man die unterschiedlichen Interessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und des einzelnen Erwerbers beachtet.

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